Abschaffung der Maskenpflicht an Thüringer Grundschulen

Abgeschlossen
84 Mitzeichnungen
  • Anderes
  • Gesamtthüringen
  • eingereicht von Jana Riedel
    aus 04600 Altenburg
  • veröffentlicht am 03.05.2021
  • 26.07.2021
    Abschlussbericht

    Die Petition wurde am 3. Mai 2021 auf der Petitionsplattform veröffentlicht und im sechswöchigen Mitzeichnungszeitraum mit 82 Mitzeichnungen unterstützt. Da somit das in § 16 Abs. 1 Satz 2 Thüringer Petitionsgesetz vorgegebene Quorum von 1.500 Mitzeichnungen nicht erreicht wurde, hat der Petitionsausschuss von der Durchführung einer öffentlichen Anhörung in der Angelegenheit abgesehen.

     

    Bei der abschließenden Beratung der Petition hat der Petitionsausschuss sowohl die Petitionsbegründung als auch eine vom Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport vorgelegte Stellungnahme berücksichtigt.

     

    Im Ergebnis der parlamentarischen Prüfung bleibt nunmehr Folgendes festzustellen:

     

    Bislang waren alle Schülerinnen und Schüler ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr sowie die Lehrkräfte staatlicher Schulen in Thüringen verpflichtet, innerhalb des Schulgebäudes sowie im Unterricht eine qualifizierte Gesichtsmaske zu tragen. Für Schüler der Klassenstufen 1 bis 6 reichte die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) aus. Schülerinnen und Schüler ab der Klassenstufe 7 mussten eine qualifizierte Gesichtsmaske tragen. Die Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler galt nicht für den Sportunterricht. In regelmäßigen Abständen war eine Pause vom Tragen der qualifizierten Gesichtsmaske bzw. MNB sicherzustellen, die im Freien oder während der Lüftungspause erfolgen sollte. Bei der Essenseinnahme entfiel die Verpflichtung, wobei die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,50 m sicherzustellen war.

     

    Die vorab benannten Verpflichtungen beruhten auf

     

    • den §§ 31, 34 Abs. 1, 38 Abs. 5, 41 Abs. 2, 42 Abs. 3 Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zu Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sportbetrieb (ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO) vom 13. Februar 2021, geändert durch Verordnung vom 17. März 2021,

    • der Allgemeinverfügung des TMBJS zum Vollzug der ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO vom 1. April 2021 sowie

    • dem § 6 Thüringer Verordnung zur Regelung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen und schrittweisen weiteren Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz Maßnahmenverordnung – ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO) vom 31. März 2021.

     

    Jede Person konnte über die getroffenen Festlegungen hinaus auf eigenen Wunsch eine MNB tragen.

     

    Über Ausnahmen der Verwendung der MNB entschied die Schulleitung nach pflichtgemäßem Ermessen. Weiterhin waren von der Maskenpflicht Schülerinnen und Schüler, für die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Vorerkrankung, z.B. einer schweren Herz- oder Lungenerkrankung, das Tragen einer MNV nicht zumutbar ist, ausgenommen.

     

    Bei Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf war daher jeweils individuell zu betrachten und von den zuständigen Förderlehrkräften zu entscheiden, ob das Tragen einer MNB im Unterricht zumutbar ist. Dies galt auch für Bereiche wie Flure, Treppenhäuser und ähnliche. Insbesondere bei Schülerinnen und Schülern mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung sowie körperliche und motorische Entwicklung war eine Maskenpflicht in vielen Fällen nicht zumutbar. Auch in anderen Förderschwerpunkten konnte es zu einer entsprechenden Bewertung kommen. Viele schwerhörige oder gehörlose Schülerinnen und Schüle sind darauf angewiesen, die Lippenbewegungen ihres Gegenübers zu sehen, um mit ihnen kommunizieren zu können.

     

    Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass auch die aktuelle Rechtsprechung davon ausgeht, dass die Maskenpflicht an Schulen eine verhältnismäßige Schutzmaßnahme darstellt. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beispielsweise hat die Maskenpflicht im Unterricht für Grundschüler jüngst mit Beschluss vom 9. März 2021 (Az.: 13 B 267/21 – vgl. juris) bestätigt. Der Verordnungsgeber trägt damit im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung des Präsenzunterrichts der erhöhten Infektionsgefahr durch das Auftreten leichter übertragbarer Virusvarianten Rechnung. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung durch das Tragen einer (medizinischen) Maske liegen nicht vor. Insbesondere gibt es keinen Grund für die Annahme, Masken könnten die Versorgung mit Sauerstoff gefährden oder zu einer gefährlichen Anreicherung von Kohlendioxid führen. Schließlich besteht auch keine ununterbrochene Pflicht zum Tragen der Masken, sondern es können in ausreichendem Umfang Pausen gemacht werden.

     

    Es sind sehr wenige Untersuchungen bekannt, die schädliche Auswirkungen oder gesundheitliche Belastungen durch das Tragen von MNB belegt haben. Die Schutzwirkung der Masken wird aufgrund bestimmter Filterleistungen erreicht, die in technischen Normen definiert sind, sowie durch eine enganliegende Passform. Dadurch erhöht sich zwangsläufig der Atemwiderstand. Außerhalb des Gesundheitswesens sind noch kaum Untersuchungen zu den gesundheitlichen, ggf. auch langfristigen Auswirkungen ihrer Anwendung (z.B. bei Risikogruppen oder Kindern) durchgeführt worden bzw. entsprechende Untersuchungen erfolgen derzeit. Künftig wird mit belastbaren Ergebnissen zu rechnen sein. In Untersuchungen mit dem Gesundheitspersonal wurden Nebenwirkungen wie z.B. Atembeschwer¬den oder Gesichtsdermatitis infolge des abschließenden Dichtsitzes beschrieben. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt für die Anwendung von FFP2-Masken durch Laien, auf eine individuelle gesundheitliche Eignung sowie den Dichtsitz und die korrekte Handhabung zu achten. Soweit eine qualifizierte Gesichtsmaske zu tragen ist, reicht in der Regel auch ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz aus. Soweit der Verwender sich aber aus Gründen des Eigenschutzes für eine FFP2-Maske oder eine vergleichbare Maske entscheidet, soll dieser höhere Schutzstandard auch zulässig sein. Es wird davon ausgegangen, dass FFP2-Masken oder FFP3-Masken den derzeit besten persönlichen Schutz vor Corona-Viren bieten und daher auch für die Bevölkerung zur Verfügung stehen sollten.

     

    Die medizinischen Gesichtsmasken („OP-Masken“), die der Verpflichtung zur Verwendung einer qualifizierten Gesichtsmaske genügen, bestehen ebenfalls aus besonders filternden Vliesen und müssten gesetzlichen Vorgaben genügen. Sie haben einen geringeren Atemwiderstand als FFP2-Masken und können somit längere Zeit getragen werden, ohne Atembeschwerden zu verursachen. Diese Masken haben im Vergleich zu FFP2/3-Masken aber auch eine geringere Schutzwirkung gegenüber Corona-Viren. Gesundheitliche Schäden, insbesondere die Gefahr von Sauerstoffmangel, sind bei der Nutzung von MNB und medizinischen Gesichtsmasken bisher nicht bekannt.

     

    Insgesamt zeigen Erfahrungen aus vielen Ländern, in denen das Maskentragen in der Öffentlichkeit seit Jahren sozial akzeptiert ist, dass Kinder durch das Tragen einer Maske keine negativen gesundheitlichen oder psychologischen Folgen befürchten müssen. Erwachsene können sogar ein positives Vorbild zum Tragen einer Maske sein, Probleme für Kinder ergeben sich eher durch eine unzureichende Schutzwirkung infolge der schlechteren Maskenpassform. Jedoch sind gerade während der SARS-CoV-2-Pandemie insbesondere auch für Kinder geeignete Passformen von Gesichtsmasken produziert worden. Ob die Möglichkeit einer „Selbstinfektion“ durch das Berühren der äußeren Maskenoberfläche und das Einbringen von Viren in den oberen Respirationstrakt gerade bei kleineren Kindern ein relevantes Problem ist, kann derzeit nicht beantwortet werden. Hier ist jedoch anzumerken, dass Masken auch dazu beitragen können, dass Kinder sich seltener ins Gesicht fassen und damit die Möglichkeit einer Übertragung von Viren über die Hände reduziert wird. Darüber hinaus ist die Schutzwirkung in Bezug auf das Verhindern des Ausstoßens bzw. Einatmens erregerhaltiger Tröpfchen und Aerosole höher einzuschätzen als eine mögliche Schadwirkung durch Schmierinfektionen beim Berühren der Masken.

     

    Auch die Stellungnahme des Koordinierungskreises für Biologische Arbeitsstoffe (KOBAS) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung vom 30. November 2020 „Keine Gefährdung durch Kohlendioxid (CO2) beim Tragen von Masken“ kommt zu dem Schluss, dass durch das Tragen von Masken in Schulen die Aufnahme von Sauerstoff oder die Abatmung von Kohlendioxid objektiv nicht in gesundheitsgefährdender Weise beeinträchtigt wird.

     

    Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. weist im Rahmen einer Antwort auf „häufig gestellte Fragen“ (FAQ) darauf hin, dass es keine theoretische Begründung der Gefahr einer Sauerstoffuntersättigung unter Maskenatmung gibt und aus den vorliegenden Studien im Erwachsenenalter bekannt ist, dass vor, unter und nach dem Tragen einer Maske kein Absinken der Sauerstoffsättigung des Blutes unter den Normbereich bzw. CO2-Anstieg oberhalb des Normbereiches zu beobachten ist. Es gibt keinen Grund, bei Kindern anderes anzunehmen.

     

    Wo Mindestabstände nicht eingehalten werden, ist aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Diese Maßnahme stellt ein wichtiges Infektionsschutz-Instrument dar und ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass der Präsenzunterricht an Schulen wieder erfolgen kann.

     

    Die Schutzwirkung von Masken umfasst dabei zwei Aspekte. Einerseits die Anwendung als persönliche Schutzmaßnahme (Selbstschutz), um eine Eigeninfektion zu vermeiden bzw. abzumildern, und andererseits der Einsatz der Masken, um andere Personen vor einer Infektion durch den Träger der Maske zu schützen (Fremdschutz). Zur Prävention ist das „Setting“ also das Tragen einer Maske in der Schule für die gesamte Bevölkerung von erheblicher Bedeutung. Für die Effektivität dieser Maßnahmen spielen darüber hinaus der Maskentyp aber auch psychologische und gesundheitliche Faktoren sowie die Bereitschaft, Masken zu tragen („Maskencompliance“), eine Rolle. Zur Wirksamkeit von Masken bei der Verhinderung von respiratorischen Infektionen liegen zahlreiche Publikationen vor.

     

    Die typische Größe der beim Atmen bzw. Sprechen ermittelten Tröpfchen liegt zwischen 5 ɥm und 10 ɥm, wobei beim Sprechen mehr und größere Tröpfchen emittiert werden. Diese Tröpfchengröße wird durch Masken vom FFP2/N95-Standard überwiegend gefiltert. Einfache Stoff- oder chirurgische Masken können einen Großteil der relevanten Tröpfchen, nicht jedoch der Aerosole filtern, die lange in der Luft verbleiben und dann diese Masken penetrieren können. Es gibt Hinweise, dass mehrschichtige Masken aus verschiedenen Materialschichten eine höhere Effizienz beim Filtern der relevanten Tröpfchengrößen aufweisen. Des Weiteren ist die Anpassung einer Maske an das Gesicht entscheidend. Eine unzureichende Passform führt durch Leckage zur Emission von Tröpfchen entlang der seitlichen Maskenränder und ermögliche den Aerosolen, die Maske zu umgehen. Durch einen Gummizug kann die Passform mit einem einfachen Mittel verbessert werden. Bei der Beurteilung der Schutzwirkung von Masken muss insbesondere bei langer Tragedauer eine potentielle Infektionsgefahr durch virenhaltige Tröpfchenakkumulation auf der Außenseite der Masken berücksichtigt werden. Insgesamt spricht (auch wenn kaum COVID-19-spezifische Ergebnisse vorliegen) die überwiegende mechanistische Evidenz für einen protektiven Effekt des Tragens einer Maske. Speziell zur Schutzwirkung von Masken vor einer Infektion mit COVID-19 auf Bevölkerungsebene liegen mehrere epidemiologische Studien vor, die das regionale Infektionsgeschehen von Ländern, Regionen und Städten mit Maskenpflicht und solche ohne Maskenpflicht verglichen haben. Die Evidenz zeigt hier insgesamt ein eindeutig milderes Infektionsgeschehen in Regionen mit Maskenpflicht.

     

    Einschränkende Maßnahmen kommen nur nach einer Interessenabwägung in begründeten Fällen und nur befristet in Frage. Die Verpflichtung zum Tragen qualifizierter Gesichtsmasken beschränkt sich auf besonders kritische Bereiche, zu denen auch die Schulen gehören. Angesichts der nach wie vor hohen Infektionszahlen und der Verbreitung von besorgniserregenden Varianten des SARS-CoV-2-Virus ist diese Verpflichtung als eine zusätzlich notwendige Schutzmaßnahme gerechtfertigt.

     

    Aufgrund der dynamischen Lage in der Corona-Pandemie hat sich die Situation seit Einreichen der Petition zwischenzeitlich geändert. Mit der Allgemeinverfügung des TMBJS vom 28. Mai 2021 zum Vollzug der ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO entfiel die Maskenpflicht in den Klassenstufen Eins bis Sechs bei Inzidenzwerten unter 50 Infektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, was bei der Mehrzahl der Schulen in Thüringer der Fall war. Bei einem Inzidenzwert von 35 Infektionen traf diese Empfehlung auch für die anderen Klassenstufen zu. Im Schülerverkehr und im Schulgebäude sollte die Maskenpflicht beibehalten werden, wenn der Mindestabstand nicht gewährleistet werden konnte.

     

    Am 30. Juni 2021 hat das TMBJS eine weitere Allgemeinverfügung zum Vollzug der ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO erlassen. Danach besteht seit dem 1. Juli 2021 in Schulgebäuden lediglich eine allgemeine Maskenpflicht in Situationen, in denen der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.