Aufwertung demokratischer Mitwirkung – Einführung einer Popularklage

Abgeschlossen
4 Mitzeichnungen
  • Anderes
  • Gesamtthüringen
  • eingereicht von Christian Teloh
    aus 40470 Düsseldorf
  • veröffentlicht am 07.03.2022
  • 15.07.2022
    Abschlussbericht

    Der Petitionsausschuss hat die Petition in seiner 30. Sitzung abschließend be­handelt.

    Der Petitionsausschuss hat im Rahmen des Petitionsverfahrens das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz (TMMJV) beteiligt. Dieses teilte zur Petition mit, dass gemäß Artikel 80 Abs. 1 Nr. 2 ThürVerf i.V.m. § 31 Abs. 1 ThürVerfGHG jeder mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt des Landes in einem seiner in der Verfassung enthaltenen Grundrechte, grundrechtsgleichen Rechte oder staatsbürgerlichen Rechts verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof erheben könne. Daraus ergebe sich, dass ein Beschwerdeführer in eigenen Rechten verletzt sein müsse. Die Verletzung von subjektiven Rechten Dritter oder die Verletzung von objektiven Verfassungsrechten könne im Wege der Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof nicht geltend gemacht werden. Gegen diesen Grundsatz richte sich Ihr Begehren. Wolle man Ihrem Begehren stattgeben, wäre also nicht nur eine Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofgesetzes, sondern auch der Thüringer Verfassung notwendig.

    Mit Art. 42 Abs. 5 ThürVerf habe der Verfassungsgeber – wie auch das Grundgesetz (Art. 19 Abs. 4) – eine Systementscheidung für den Individualrechtsschutz getroffen. Es gehe um den einzelnen Menschen und um den Schutz der mit seiner Person verbundenen Rechtsstellungen. Dieses Ziel sei für Art. 42 Abs. 5 ThürVerf und ebenso für Art. 19 Abs. 4 GG ganz vorrangig. Zwar stehe Art. 42 Abs. 5 ThürVerf Aufgaben des objektiven Rechtsschutzes nicht entgegen, die Zulässigkeit einer Popularklage vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof würde jedoch einen Systemwechsel darstellen.

    Die Thüringer Verfassung kenne vor allem mit der abstrakten Normenkontrolle gemäß Art. 80 Abs. 1 Nr. 4 ein Verfahren für eine objektive Rechtmäßigkeits- oder Kompetenzkontrolle. Eine abstrakte Normenkontrolle gewährleiste unabhängig von einem konkreten Rechtsstreit in Zweifelsfragen die Klärung der verfassungsrechtlichen Lage und diene damit dem Rechtsfrieden, weil die Rechtssicherheit und Gewissheit über die Vereinbarkeit einer Rechtsnorm mit der Thüringer Verfassung schaffe (Jutzi, in: KommThürVerf, Art. 80 Rn. 86). Die abstrakte Normen­kontrolle enthalte also bereits die von Ihnen begehrte Kontroll- und Überprüfungsmöglichkeit, ob Landesnormen Grundrechte verletzten. Zwar beschränke die Thüringer Verfassung den Kreis der Antragsteller auf ein Fünftel der Mitglieder des Landtags, eine Fraktion im Landtag oder die Landesregierung. Allerdings sei davon auszugeben, dass in den Fällen, in denen in der Öffentlichkeit die Verletzung von Grundrechten beklagt werde, die entsprechende Norm auch einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung zugeführt werde. Die Verfahren vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof hinsichtlich von Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie hätten dies in der jüngsten Vergangenheit gezeigt. Eine Öffnung der objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle für jedermann ohne Selbstbetroffenheit dürfe demnach nur einen geringen Mehrwert im Sinne verfassungsrechtlichen Kontrolle des Gesetz- und Verordnungsgebers bringen.

    Zu bedenken sei auch, dass der Verfassungsgerichtshof schon jetzt über eine Vielzahl von Individualverfassungsbeschwerden zu entscheiden habe. Im Falle der Eröffnung der Möglichkeit zur Popularklage wäre vor dem Hintergrund, dass die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs ehrenamtlich tätig seien, eine Mehrbelastung des Gerichts zu erwarten, welche die Dauer der übrigen Verfahren verlängern würde. Der objektiv-rechtliche Rechtsschutz würde auf Kosten des Individualrechtsschutzes ausgebaut werden und zu einem Ergebnis führen, welches Art. 42 Abs. 5 ThürVerf mit seinem Vorrang des Individualrechts-schutzes aber gerade vermeiden wolle.

    Bei der abschließenden Beratung der Petition stellte der Petitionsausschuss fest, dass diverse tatsächliche und rechtliche Aspekte vor einer Einführung einer Popularklage zum Thüringer Verfassungsgerichtshof zu bedenken wären bzw. gegen eine solche Einführung sprechen. Um den Standpunkt des Petenten gleichwohl in die politische Debatte einzubringen, hat der Petitionsausschuss beschlossen, die Petition gemäß § 17 Nr. 6 Thüringer Petitionsgesetz den Fraktionen des Thüringer Landtags zur Kenntnis zu geben. Die Fraktionen werden damit in die Lage versetzt, Ihr Anliegen ggf. mit entsprechenden politischen Initiativen aufzugreifen. Mit dem Beschluss des Ausschusses ist das Petitionsverfahren abgeschlossen.

  • 14.07.2022
    Zwischenbericht

    Die Petition ist am 7. März 2022 auf der Petitionsplattform des Thüringer Landtags veröffentlicht worden. In der sechswöchigen Mitzeichnungsphase wurde die Petition von vier Mitzeichnern unterstützt. Damit wurde das für eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss notwendige Quorum von 1.500 Mitzeichnern nicht erreicht.