Die Petition wurde am 25. Januar 2021 auf der Petitionsplattform veröffentlicht und im sechswöchigen Mitzeichnungszeitraum mit 326 Mitzeichnungen unterstützt. Da somit das in § 16 Abs. 1 Satz 2 Thüringer Petitionsgesetz vorgegebene Quorum von 1.500 Mitzeichnungen nicht erreicht wurde, hat der Petitionsausschuss von der Durchführung einer öffentlichen Anhörung in der Angelegenheit abgesehen.
Bei der abschließenden Beratung der Petition hat der Petitionsausschuss sowohl die Petitionsbegründung als auch eine vom Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport vorgelegte Stellungnahme berücksichtigt.
Im Ergebnis der parlamentarischen Prüfung bleibt Folgendes festzustellen:
Gemäß § 3 Schulaufwand Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über die Finanzierung der staatlichen Schulen (ThürSchFG) ist der nicht zum Personalaufwand gehörende übrige Aufwand vom Schulträger zu tragen. Der Schulaufwand umfasst den für den ordnungsgemäßen Schulbetrieb und Unterricht erforderlichen Sachaufwand sowie den Aufwand für das Verwaltungs- und Hilfspersonal.
Gemäß § 3 Abs. 2 Punkt 7 ThürSchFG gehören zum Sachaufwand auch die regelmäßige Versorgung der Schüler mit Mittagessen unbeschadet § 6 Abs. 1, wobei die Versorgung der Schüler mit Mittagessen den aktuellen ernährungswissenschaftlichen Qualitätsstandards für eine ausgewogene, altersgemäße, vollwertige und gesundheitsfördernde Mittagsmahlzeit in den Schulen zu entsprechen hat.
Gemäß § 6 Abs. 1 ThürSchFG können Eltern oder die volljährigen Schüler durch die Schulträger an den Aufwendungen für die regelmäßige Versorgung der Schüler mit Mittagessen, einschließlich des für dessen Bereitstellung erforderlichen Personals, und den Kosten einer Pausenverpflegung beteiligt werden.
Zur Situation im Altenburger Land, welches Schulträger des Gymnasiums Schmölln ist, ist Folgendes anzumerken:
Der Kreistag Altenburger Land beschloss am 23. März 2005 eine Beteiligung des Landkreises am Portionspreis für ein Mittagessen in Höhe von 0,43 Euro für Schülerinnen und Schüler an Schulen in seiner Trägerschaft. Der Beschluss Nr. 92 trat mit Wirkung am 1. Mai 2005 in Kraft. Die Elternbeteiligung betrug den Differenzbetrag zum jeweiligen Portionspreis.
Am 1. Dezember 2010 und am 6. April 2011 tagte der Kreistag erneut zur Problematik „Änderungen der Bezuschussung der Schülerspeisung in den Schulen des Landkreises“. Hintergrund war die Inkraftsetzung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarf und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch.
Die Leistungen für Bildung und Teilhabe sind Sozialleistungen mit dem Ziel, die persönliche Bildung und Entwicklung sowie die soziale Integration von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus einkommensschwachen Haushalten zu fördern und zu unterstützen. Das Bildungspaket umfasst umfangreiche Leistungen für Kinder, so auch die Bezahlung des Mittagessens an Schulen und Kindertagesstätten.
Gemäß Protokoll der Kreistagssitzung vom 6. April 2011 trug der Landrat vor, die Gründe für die Bezuschussung seien damit weggefallen. Es wurde der Beschluss gefasst, den Beschluss Nr. 92 vom 23. März 2005 mit Wirkung vom 1. Mai 2011 aufzuheben.
Für die nicht Anspruchsberechtigten ist der „Zuschuss“ des Landkreises damit entfallen. Deren Eigenbeteiligung an den Kosten der Mittagsversorgung beträgt seitdem 100 % abzüglich eines fiktiven Eigenanteils des Landkreises durch die Bereitstellung der Immobilien und deren Betriebskosten.
Die anspruchsberechtigten Kinder und Jugendlichen hatten zum damaligen Zeitpunkt einen Eigenanteil von 1,00 Euro pro Portion zu zahlen. Seit In-Kraft-Treten des Starke-Familie-Gesetzes (StaFamG) am 1. Juli 2019 ist auch dieser Eigenanteil entfallen.
Nach den Ausführungen des Landkreises werden aktuell bei den allgemein bildenden Schulen pro Schultag 2.450 Essensportionen ausgereicht, was ca. 45 % Teilnahme an der Schulspeisung entspricht.
Hinsichtlich des Förderprogramms vom 5. Dezember 2019 ist Folgendes anzumerken:
Das Förderprogramm nach der Thüringer Förderrichtlinie-Schulverpfle¬gungs¬qualität (ThürFördRLSchulvQ) wurde bereits im Juni 2018 durch das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz (TMMJV) gefördert (ThürFördRLSchulvQ vom 5. Juni 2018). In der von der Petentin zitierten Fassung der Richtlinie vom 5. Dezember 2019 wurden zahlreiche Fördervoraussetzungen des Programms geändert. So entfiel beispielsweise die von Ihnen angesprochene Begrenzung auf ursprünglich eine Schule pro Landkreis und kreisfreier Stadt der teilnehmenden Schulen. Schmölln liegt im Landkreis Altenburger Land. Aus dieser Gebietskörperschaft hat keine Schule am Programm teilgenommen, so dass eine Förderung des genannten Roman-Herzog-Gymnasiums – bei Vorliegen der übrigen Fördervoraus-setzungen – bereits ab Programmstart im Juni 2018 möglich gewesen wäre.
Soweit mit der Petition die Befristung kritisiert wird ist nicht erkennbar, ob damit die Befristung der Richtlinie oder die Befristung der Förderung gemeint ist. Nach Nr. 7 ThürFördRLSchulvQ trat die Richtlinie zum 1. Januar 2020 in Kraft und tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft. Das Erfordernis einer Befristung von Richtlinien ergibt sich aus den „Grundsätzen für Förderrichtlinien“ in Anlage 6 der Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Thüringer Landeshaushaltsordnung. Nach Nr. 8 Satz 2 dieser Anlage 6 sind Förderrichtlinien auf einen Zeitraum von drei Jahren zu befristen. Mit der Befristung der ThürFördRLSchulvQ bis einschließlich 31. Dezember 2022 wurde dieser Regelung Rechnung getragen. Eine Förderung nach der ThürFördRLSchulvQ stand insgesamt für einen Zeitraum von sechseinhalb Jahren zur Verfügung. Wie bereits dargestellt, konnten Schulen bereits ab Juni 2018 an dem Programm teilnehmen. Eine Förderung war zunächst bis Ende 2019 sichergestellt. Durch den Landeshaushaltsplan 2020 wurde nicht nur eine Weiterförderung für das Jahr 2020, sondern durch das Ausbringen von Verpflichtungsermächtigungen sogar bis Ende 2024 gewährleistet. Im Jahr 2021 profitieren von dem zur Verfügung stehenden Haushaltsansatz in Höhe von 2 Mio. Euro 26 Schulen und damit auch Eltern und Kinder. Im Zuge der Haushaltsaufstellung des Landeshaushalts 2021 erfolgte im Hinblick auf die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erforderlichen Einsparungen und der Programmauslastung eine Verständigung darauf, dass eine (Weiter-)Förderung nur noch für bereits am Projekt teilnehmende Schulen erfolgen könne. Diese Entscheidung berücksichtigt dabei auch den Aspekt, das neben der Förderung der Schulen wesentliches Element des Projektes die wissenschaftliche Begleitung ist. Diese wissenschaftliche Begleitung und Untersuchung der Essensversorgung können nur fundiert durchgeführt werden, wenn dieselben Schulen über einen gewissen Zeitraum analysiert werden. Bei erst im Projektverlauf hinzukommenden Schulen oder einer nur kurzzeitigen Förderung könnte diese wissenschaftliche Begleitung nicht hinreichend gewährleistet werden. Zudem liegt das Hauptziel des Programms darin, „mittelfristig eine wesentliche Verbesserung der Mittagsverpflegung an Thüringer Schulen durch Umsetzung des Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die Schulverpflegung“ anzustreben. Eine finanzielle Entlastung der Eltern findet lediglich in der Form statt, dass keine Mehrkosten aufgrund der Qualitätssteigerung entstehen. Keinesfalls sollen durch das Programm Tarifsteigerungen, die beim Caterer entstehen, abgefedert werden.
Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung führt seit 2009 turnusmäßig alle vier Jahre eine Befragung bei den Thüringer Schulen und seit 2013 auch bei den staatlichen Schulträgern durch. Im Rahmen dieser Erhebung werden auch die Kosten erfragt, die Eltern für das Schulessen bezahlen sowie eventuelle Subventionierungen, die seitens der Träger geleistet werden. Die nächste Erhebung ist für 2021 geplant und bereits vorbereitet.
Entwicklung der Essenpreise in Thüringen seit 2009
Jahr Essenpreis im Durch-schnitt (alle Schularten) Direkte Subventionierungen* Indirekte Subventionierung (Beispiele)
2009 1,90 € 0,20 € - 1,00 € Übernahme von:
- Miete
- Energie
- Wasser
- Ausstattung Ausgabeküche
- Modernisierung Ausgabeküche
- Personalkosten Essenausgabe
2013 2,18 €
Preisspanne:
1,50 € bis 3,45 € 0,26 € - 1,90 €
2017
2018 2,68 €
Preisspanne:
1,44 € - 4,50 €
2,78 €
Preisspanne:
2,19 € - 4,00 € 0,30 € - 2,30 €
0,40 € - 2,20 €
*Die Praxis der direkten Subventionierung, im Sinne einer finanziellen Unterstützung der Eltern, ist in Thüringen heterogen und rückläufig, das heißt, sie wird zum Teil für alle teilnehmenden Schüler*innen gezahlt oder nur für ausgewählte Personengruppen.
Die Übersicht zeigt, dass die Essenpreise, welche die Eltern für das Schulessen in Thüringen bezahlen, seit 2009 ansteigen. Hintergrund für die Preisanstiege können in den üblichen Kostensteigerungen für Lebensmittel-, Energiepreise und seit 2015 auch in den Personalkosten (Einführung des Mindestlohnes) gesehen werden.
Die Schulträger subventionieren teilweise das Mittagessen, was direkt und/oder indirekt erfolgen kann. Dabei wird die direkte Subventionierung als finanzielle Unterstützung von den Eltern als „Entlastung“ wahrgenommen. Die indirekte Subventionierung wird erfahrungsgemäß nicht oder nur selten den Eltern gegenüber kommuniziert und kann daher auch nicht als Beteiligung wahrgenommen werden. Bei der indirekten Unterstützung werden in der Regel Kosten durch den Schulträger abgedeckt, die mit der Ausgabeküche in Zusammenhang stehen (s. Beispiele Übersicht). Auch hier gibt es Unterschiede in der Handhabung bei den Schulträgern.
Grundsätzlich ist eine rückläufige Tendenz zu sehen, das heißt, die Zahl der Schulträger, die das Essen subventionieren, nimmt ab.
In Thüringen ist die Warmverpflegung nach wie vor das gängige Verpflegungssystem sowie die Fremdbewirtschaftung. Das heißt, dass die Schule durch einen Caterer beliefert wird, der mit seinem eigenen Personal das Essen vor Ort ausgibt und die Vor- und Nachbereitung übernimmt. Die durchschnittliche Schulgröße für Grundschulen liegt bei ca. 156 Schülern, von denen ca. 80 % mitessen, woraus sich etwa 130 Portionen täglich ergeben. Die Kosten- und Preisstudie (KuP-Studie, 2019) legt in vielen dargestellten Modellrechnungen 200 Portionen im Grundschulbereich zugrunde. Das heißt, der in der Studie kalkulierte Preis kann auf Thüringen vergleichsweise angesetzt werden.
Für die Warmverpflegung bei Fremdbewirtschaftung wird ein kalkulierter Essenpreis von 4,32 € pro Portion für die Region Ost angegeben, im Bundesschnitt würde dieser bei 5,15 € liegen. Der Preis enthält auch Verwaltungskosten beim Träger in Höhe von 0,28 €. Abzüglich dieser würde der kalkulierte Essenpreis bei 4,04 € pro Portion für die Region liegen.
Mit der Erhebung, die für 2021 vorgesehen ist, erwartet die Vernetzungsstelle Schulverpflegung einen Durchschnittspreis von mindestens 3,00 € pro Portion für alle Schularten. Er könnte – bedingt durch Mindestlohnanpassungen und die Pandemie – auch die 3,00 € übersteigen. Dennoch würde der Essenpreis damit noch immer unter dem kalkulierten Preis der Studie liegen.
In Thüringen sind die Schulträger für die Organisation eines warmen Mittagessens, das aktuellen ernährungswissenschaftlichen Standards entspricht, verantwortlich (§ 3 Abs. 7 ThürSchFG). Die Eltern können an den Kosten beteiligt werden (§ 6 Abs. 1 ThürSchFG). Da in Thüringen die Schulverpflegung häufig teilsubventioniert ist, übernehmen die Eltern praktisch nicht die realen Kosten des Essens und sind demnach an den Kosten beteiligt. Jedoch übernehmen sie vermutlich den Großteil der Kosten.
Der Petitionsausschuss ist im Ergebnis seiner Beratung davon überzeugt, dass der Freistaat Thüringen mit der Festsetzung von qualitativen Vorgaben für das Schulessen eine wichtige Grundlage geschaffen hat. Die Verantwortung für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Schulverpflegung liegt jedoch beim jeweiligen Schulträger. Zudem können Tarifsteigerungen der Caterer nicht vom Freistaat Thüringen übernommen werden.
Die grundsätzliche Frage, ob der Freistaat Thüringen im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge auch einen größeren Teil der Kosten übernehmen sollte, gehört letztlich in den politischen Raum. Aus diesem Grund hat der Petitionsausschuss die Petition gemäß § 17 Nr. 6 Thüringer Petitionsgesetz (ThürPetG) den Fraktionen zur Kenntnis gegeben. Diese haben die Möglichkeit, entsprechende parlamentarische Initiativen zu ergreifen. Darüber hinaus hat der Ausschuss die Petition mit den vorgenannten Informationen abgeschlossen (§ 17 Nr. 2 b) ThürPetG).