Waldumbau statt Waldstilllegung

Abgeschlossen
1340 Mitzeichnungen
  • Anderes
  • Gesamtthüringen
  • eingereicht von Jan Schübel
    aus 07343 Wurzbach
  • veröffentlicht am 06.09.2019
  • 05.09.2022
    Abschlussbericht

    Der Petitionsausschuss hat in der Angelegenheit zunächst eine Stellungnahme des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN)eingeholt. Dieses teilte zur Petition zunächst mit, die Thüringer Landesregierung unterstütze grundsätzlich die unentgeltliche Übertragung der ca. 1.400 ha BVVG-Flächen an einen geeigneten Flächenempfänger. Bei den zur Übertragung vorgeschlagenen BVVG-Flurstücken handele es sich um Flächen innerhalb von bestehenden Schutzgebieten: EG Vogelschutzgebiet 37 „Frankenwald – Schieferbrüche um Lehesten“, FFH-Gebiet 162 „Jägersruh – Gemäßgrund – Thüringische Moschwitz“, NSG 283 „Jägersruh – Gemäßgrund – Muschwitzen“, die dem Schutz einer Vielzahl von gefährdeten und gesetzlich geschützten Wald- und Offenlandarten dienten (Schwarzstorch, Schwarz- und Grauspecht, Raufuß- und Sperlingskauz, Fischotter, großes Mausohr, Kreuzotter, Orchideen- und Moosarten). Weiterhin lägen die genannten Flächen im Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale sowie im „Landesteil mit bundesweiter Bedeutung für den Naturschutz Nr. 20 Frankenwald“.

    Seit Juni 2019 gebe es zwischen dem TMUEN und der Stadt Wurzbach einen intensiven Austausch zu Chancen und möglichen Risiken einer Neuausrichtung der Nutzungen gemäß den Vorgaben des nationalen Naturerbes. Bei einer gemeinsamen Besichtigung einzelner Waldgebiete am 29. August 2019 sei festgestellt worden, dass die Fichtenwälder, die oftmals bereits Laubbaumarten und Zwergsträucher im Unterwuchs aufwiesen, durch einen langfristigen Waldumbau (mit Verwertung des anfallenden Holzes) in naturnähere, klimastabilere Bergmischwälder überführt werden könnten. Der Aussage, sie seien für einen Waldumbau mit anschließender Beendigung der forstwirtschaftlichen Nutzung völlig ungeeignet, könne daher nicht gefolgt werden. Auch die steigende Gefahr von Borkenkäferbefall für angrenzende Privatwaldflächen sei kein belastbares Argument, da der künftige Eigentümer dies bei den erforderlichen Waldumbaumaßnahmen berücksichtigen werde bzw. auch im Falle einer Beendigung der forstwirtschaftlichen Nutzung verpflichtet sei, forstrechtliche Vorgaben einzuhalten und Vorsorge zu treffen, damit Nachbarschaftsflächen nicht durch Borkenkäferbefall in Mitleidenschaft gezogen würden.

    Eine abschließende Entscheidung des Bundes für das mit den Ländern und Naturschutz-verbänden abgestimmte Übertragungspaket der 4. Tranche des nationalen Naturerbes stehe noch aus. Neben der Stadt Wurzbach hätten auch die Stiftungen Naturschutz Thüringen und ThüringenForst Interesse an einer Übernahme der ca. 1.400 ha bekundet. Das TMUEN favorisiere inzwischen eine Übertragung an die Stadt Wurzbach, um eine möglichst hohe Akzeptanz in der Region für die geplanten Naturerbe-Maßnahmen zu erreichen und habe dies mit Schreiben vom 26. August 2019 der Bundesumweltministerin mitgeteilt.

    Die Petition wurde antragsgemäß auf der Petitionsplattform des Thüringer Landtags veröffentlicht. Im 6-wöchigen Mitzeichnungszeitraum konnte die Petition dort 1.342 Mit-zeichnungen verzeichnen. Darüber hinaus wurden dem Petitionsausschuss auf Unterschriften-listen weitere 1.553 Unterschriften übergeben. Aufgrund der erheblichen öffentlichen Unterstützung der Petition beschloss der Petitionsausschuss, gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 ThürPetG eine öffentliche Anhörung in der Angelegenheit durchzuführen.

    Die öffentliche Anhörung wurde schließlich in der 17. Sitzung des Petitionsausschusses am 20. Mai 2021 realisiert. Im Zuge der Anhörung zu der Petition hat sich herauskristallisiert, dass die Stadt Wurzbach einer Stilllegung der in Rede stehenden Flächen nicht mehr gänzlich ablehnend gegenübersteht. Vielmehr wurde von der Stadt angeboten, die Flächen zu übernehmen und den notwendigen Waldumbau bis zur endgültigen Stilllegung selber aktiv voranzutreiben.

    Der vom Petitionsausschuss zwischenzeitlich um Mitberatung der Petition ersuchte Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz (AfUEN) hat die Petition im Anschluss mehrfach und in seiner 24. Sitzung am 13. Oktober 2021 abschließend beraten. Im Ergebnis der Mitberatung hat der AfUEN gegenüber dem Petitionsausschuss folgende Hinweise gegeben:

    1. Der AfUEN begrüßt die Aufnahme der in Rede stehenden Waldfläche in die 4. Tranche des „Nationalen Naturerbes“ (NNE) und spricht sich für eine Flächenübernahme durch die Stadt Wurzbach aus. Ist dies nicht möglich, sollte eine Übernahme durch die Stiftung Naturschutz Thüringen geprüft werden.
    2. Der AfUEN unterstützt die in den Stellungnahmen vorgeschlagenen Maßnahmen für einen langfristigen aktiven Waldumbau, ehe die Flächen dann in die Wildnis und Naturwaldentwicklung ohne forstliche Nutzung überführt werden. Bei den Zeithorizonten bis zur Aufgabe der forstlichen Nutzung sind die Vorgaben des Bundes bei der Flächenübertragung zu beachten.
    3. Der AfUEN bedauert den Beschluss des Bundestages-Haushaltsausschusses vom Juni 2021, die in Rede stehenden Flächen in der sogenannten Bundeslösung (Bundesamt für Naturschutz und BImA Bundesforst) zu belassen. Obwohl mit der Stadt Wurzbach ein regionaler Flächenübernehmer zur Verfügung gestanden hätte, sollten die Flächen nun durch den Bund entwickelt werden. Zur Steigerung der Akzeptanz der Waldumbaumaßnahmen in der Region wäre es hingegen besser gewesen, die Flächen an einen regionalen Flächenübernehmer zu übertragen. Ein solcher hätte mit der Stadt Wurzbach auch zur Verfügung gestanden. Der AfUEN empfiehlt deshalb, diesen Beschluss noch einmal überprüfen zu lassen und zu eruieren, inwieweit die vom Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz favorisierte Lösung einer Übertragung an die Stadt Wurzbach oder an die Stiftung Naturschutz Thüringen noch ermöglicht werden kann. Die Stiftung Naturschutz in Thüringen sollte auch deshalb erwogen werden, da sie in unmittelbarer Nachbarschaft zu der in Rede stehenden NNE-Fläche Eigentümer einer weiteren Wildnisfläche ist, die im Sinne der Region „in einem Stück“ entwickelt werden könnte.

    [Hinweis zu Nr. 3: Die Mitglieder des AfUEN haben auch zu Nr. 3 der Stellungnahme an den Petitionsausschuss einvernehmlich vereinbart, dass, wie in Nr. 1 dargestellt, die Priorisierung der Lösungsalternativen (eine Übertragung zuerst an die Stadt Wurzbach und wenn dies nicht möglich ist, dann eine Übertragung an die Stiftung Naturschutz Thüringen zu prüfen) auch für die Nr. 3 der Stellungnahme des AFUEN gilt.]

     

    Der Petitionsausschuss hat die Petition auf der Grundlage der vom AfUEN übermittelten Empfehlungen in seiner 23. Sitzung am 2. Dezember 2021 abschließend behandelt. Im Zuge der Beratung fasste der Petitionsausschuss zusammen, dass die Stadt Wurzbach einer Stilllegung der in Rede stehenden Flächen nicht mehr gänzlich ablehnend gegenübersteht. Vielmehr wurde angeboten, die Flächen zu übernehmen und den notwendigen Waldumbau bis zur endgültigen Stilllegung selber aktiv voranzutreiben.

    Zwischenzeitlich hat offenbar jedoch der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages im Juni 2021 beschlossen, die entsprechenden Flächen in der sog. Bundeslösung (Bundesamt für Naturschutz und BImA-Bundesforst) zu belassen. Unmittelbare Einflussmöglichkeiten auf den Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages bestehen von Thüringer Seite aus nicht.

    Gleichwohl schließt sich der Petitionsausschuss der Einschätzung des AfUEN an, dass eine Übernahme der Stilllegungsflächen durch die Stadt Wurzbach, hilfsweise durch die Stiftung Naturschutz Thüringen, aufgrund der lokalen Verankerung und der damit verbundenen Steigerung der Akzeptanz der Maßnahme in der Bevölkerung gegenüber der „Bundeslösung“ vorzugswürdig wäre. Vor diesem Hintergrund beschloss der Petitionsausschuss, die Petition unter Darstellung der Erwägungen des AfUEN gemäß § 17 Nr. 4 Thüringer Petitionsgesetz an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages weiterzuleiten und das Petitionsverfahren beim Thüringer Landtag mit diesen Hinweisen abzuschließen.