Im Rahmen der öffentlichen Anhörung am 31. August 2023 hatte die Staatssekretärin im Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) dargelegt, dass der Erhalt des 30-Minuten-Takts kurzfristig nicht mehr darstellbar sei, da Fahrplanänderungen mit langem Vorlauf geplant werden müssen. Insbesondere die Anschlussbeziehungen in Naumburg und Leipzig können sonst nicht gesichert werden.
Das TMIL prüft die Tarifintegration der IC-Züge. Damit könnten Nahverkehrsnutzerinnen und -nutzer den Fernverkehr zumindest für die Zeit der Baustellenphase und bis ein besseres Nahverkehrsangebot wiederhergestellt ist, als Kompensation nutzen. Das TMIL legte ebenfalls dar, dass die angrenzenden Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt ablehnen, sich an der Tarifintegration finanziell zu beteiligen.
Der Petitionsausschuss die Petition im Nachgang zu der öffentlichen Anhörung erneut beraten. Im Ergebnis seiner Beratung beschloss der Ausschuss, die Petition gemäß § 17 Nr. 1 b) Thüringer Petitionsgesetz (ThürPetG) der Landesregierung mit der Bitte zu überweisen, den Einzelfall unter Beachtung der Auffassung des Petitionsausschusses erneut zu prüfen.
Der Petitionsausschuss begrüßt das Engagement für den Erhalt eines 30-Minuten-Takts auf der Saalbahn, schließt sich den Forderungen in der Petition an und bekräftigt damit auch noch mal die bereits an die Landesregierung gestellten Empfehlungen.
Der Petitionsausschuss fordert die Landesregierung auf, insbesondere die Tarifintegration auf der Strecke zwischen Saalfeld/Saale und Naumburg spätestens ab der Baustellenphase im Frühjahr 2024 umzusetzen, weitere Möglichkeiten für Taktverdichtungen zu prüfen und die entsprechenden Voraussetzungen für die Umsetzung zu schaffen.
Mit seinem Beschluss ist der Petitionsausschuss der Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten gefolgt.
Die Landesregierung ist gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 ThürPetG gehalten, dem Petitionsausschuss innerhalb von acht Wochen einen schriftlichen Bericht über die Ausführung des Beschlusses nach § 17 Nr. 1 b) ThürPetG zu geben. Den entsprechenden Bericht hat das TMIL zwischenzeitlich erstattet.
Nach den Ausführungen des TMIL habe die nochmalige Prüfung durch die Landesregierung ergeben, dass die Forderung, „die Tarifintegration auf der Strecke zwischen Saalfeld/Saale und Naumburg spätestens ab der Baustellenphase im Frühjahr 2024 umzusetzen", nicht erfüllt werden könne.
Für eine ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren umzusetzende Tarifanerkennung im Bauzeitraum, d. h. eine mit den baubedingten Einschränkungen begründete sogenannte Direktvergabe an die DB Fernverkehr AG, könnte nur für den Abschnitt Leipzig – Jena, nicht aber für den Abschnitt Jena – Saalfeld eine sachliche Begründung gegeben werden, da die außerhalb Thüringens stattfindenden Baumaßnahmen südlich von Jena keine Auswirkungen hätten.
Nach den weiteren Ausführungen des TMIL ist für den Abschnitt Leipzig – Jena allerdings bereits ein umfangreiches Schienenersatzverkehrs-Konzept (SEV-Konzept) vorgesehen, das gegenüber dem Regelfahrplan signifikante Mehrkosten verursachen könnte. Daher wird von einer zusätzlichen Tarifanerkennung zwischen Leipzig und Jena abgesehen. Ein Verzicht auf das SEV-Konzept zugunsten einer Tarifanerkennung würde sich nach der Auffassung des TMIL verkehrlich nachteilig auswirken, da mit einer Tarifanerkennung lediglich 5 Verbindungen pro Richtung, mit dem SEV-Konzept aber 8 Verbindungen pro Richtung angeboten werden können.
Vor diesem Hintergrund trifft die Landesregierung derzeit die Vorbereitungen für ein Interessensbekundungsverfahren für eine dauerhafte – d. h. über das Ende des Baustellenfahrplans hinaus geltende – Tarifanerkennung im Abschnitt Jena – Saalfeld. Die entsprechende Vorveröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union soll zeitnah erfolgen. Der Abschluss des Verfahrens ist allerdings nicht vor dem III. Quartal 2024 zu erwarten. Eine Umsetzung bereits zum Beginn des Baustellenfahrplans am 8. April 2024 wird somit schon aus verfahrenstechnischen Gründen nicht erfolgen können.
Das TMIL hat im Weiteren darauf hingewiesen, dass eine Ausweitung des Tarifanerkennungsabschnitts auf Naumburg der Zustimmung sowie der Mitfinanzierung des Landes Sachsen-Anhalt als zusätzlichem Vertragspartner bedürfe. Da das Land Sachsen-Anhalt eine entsprechende Mitfinanzierung abgelehnt habe und die für die Finanzierung der Tarifanerkennung vorgesehenen Regionalisierungsmittel nur für Leistungen innerhalb des Freistaats Thüringen eingesetzt werden dürfen, kämen für die Finanzierung des Abschnitts Landesgrenze – Naumburg nur Landesmittel in Betracht. Entsprechende Mittel sind im Haushaltsentwurf 2024 nicht enthalten. Im Ergebnis kann eine Tarifanerkennung nur im Abschnitt Jena – Saalfeld erfolgen.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Durchführung des dargestellten Vergabeverfahrens keine Gewähr für die Einführung einer Tarifanerkennung darstellt. Falls kein oder kein für den Freistaat Thüringen formell und wirtschaftlich bezuschlagungsfähiges Angebot eingeht, kann eine Tarifanerkennung nicht umgesetzt werden.
Die Forderung des Petitionsausschusses, „weitere Möglichkeiten für Taktverdichtungen zu prüfen und die entsprechenden Voraussetzungen für die Umsetzung zu schaffen", könnte nur langfristig erfüllt werden. Wie bereits im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Petitionsausschuss am 31. August 2023 erläutert, seien die kurzfristig realisierbaren Maßnahmen bereits ausgeschöpft worden.
Das TMIL hat im Weiteren darauf hingewiesen, dass eine Taktverdichtung u. a. einen Fahrzeug- und Personalmehrbedarf erzeuge, der im Rahmen der aktuellen Verkehrsdurchführungsverträge (VDV) nicht abbildbar sei. Hierfür wäre grundsätzlich ein separates Vergabeverfahren erforderlich, für das die Rahmenbedingungen sowohl unter wettbewerblichen, wirtschaftlichen als auch organisatorischen Gesichtspunkten als sehr ungünstig eingeschätzt werden müssten. Außerdem müssten erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel (einschließlich Verpflichtungs-ermächtigungen) für die Bestellung der Verkehrsleistungen bereitgestellt werden. Die Betriebsaufnahme eines potenziellen zusätzlichen VDV wäre nicht vor Dezember 2026 zu erwarten.
Günstigere Rahmenbedingungen für eine Taktverdichtung bestünden im Zusammenhang mit der Ausschreibung des Folge-VDV für den Zeitraum ab Dezember 2030. Hierfür werde die Landesregierung eine verkehrlich, betrieblich und wirtschaftlich sinnvolle Anpassung des Angebotskonzepts auf der Saalbahn prüfen, sofern zusätzliche Mittel bereitgestellt würden.
Die Beibehaltung der bis zum 9. Dezember 2023 bestehenden Angebotsstruktur des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) zwischen Halle/Leipzig, Naumburg, Jena und Saalfeld sei nicht möglich Die ab Fahrplan 2024 bestehende zeitliche Verteilung der Fahrten auf der Saalbahn könne durch die Auflösung der Korrespondenz von RB 20 und RB 25 in Naumburg ab Fahrplan 2026 um voraussichtlich ca. 8 Minuten verbessert werden. Ein exakter Halbstundentakt sei allein bedingt durch die unterschiedliche Haltepolitik von RE und RB nicht umsetzbar.
Im Übrigen stellten die durch die Bestellung zusätzlicher Einzelleistungen in den Hauptverkehrszeiten ausgelösten Kosten eine weitere Belastung der ohnehin nicht auskömmlichen Regionalisierungsmittel dar. Dies gelte ebenso für den Fall, dass eine Tarifanerkennung zwischen Jena und Saalfeld realisiert werden könne.
Der Petitionsausschuss hat den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis genommen. Der Ausschuss beschloss im Ergebnis seiner Beratung, die Petition den Fraktionen des Landtags zur Kenntnis zu geben. Das Petitionsverfahren ist damit abgeschlossen.