Das in die Bearbeitung der Petition einbezogene Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) hat zu dem Anliegen Folgendes ausgeführt:
Die Forderung nach Anerkennung der „Kleinen Bauvorlageberechtigung“ sei nicht unbekannt und sei in den letzten 20 Jahren von den Berufsvertretungen des Handwerks bereits wiederholt bei Anhörungen im Zusammenhang mit der Fortschreibung der Thüringer Bauordnung (ThürBO) vorgetragen worden.
Hintergrund der Nichtberücksichtigung der Forderung seien die umfangreichen baurechtlichen Kenntnisse, die an bauvorlageberechtigte Planer gestellt werden. Seit Aufgabe der sogenannten Schlusspunkttheorie 2004 würden sich die bauaufsichtlichen Prüfungen der Bauvorlagen im vereinfachten Verfahren nach § 62 ThürBO auf die bauplanungsrechtlichen und fachrechtlichen Anforderungen beschränken. Die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen aus der Thüringer Bauordnung und weiteren Verordnungen und der recht komplexen technischen Baubestimmungen lägen in der Verantwortung der Planer, die seit diesem Zeitpunkt nochmal deutlich gestiegen seien. Im Genehmigungsfreistellungsverfahren nach § 61 ThürBO werde auf eine bauaufsichtliche Prüfung ganz verzichtet, was nur durch die das Baurecht umfassende Qualifikation der bauvorlageberechtigten Architekten und Ingenieure möglich sei.
Neben dem Hochschulstudium für Architekten und Ingenieure seien zur Erlangung der Bauvor-lageberechtigung Nachweise der praktischen Tätigkeit in allen Aufgabenbereichen (Leistungs-phasen) zu erbringen. Die Bauvorlageberechtigten unterlägen zudem der Kammeraufsicht und hätten eine Fortbildungspflicht zu erfüllen.
Die fachliche Ausbildung und Qualifikation der Handwerksmeister setze andere Schwerpunkte und sei hinsichtlich der vermittelten Kenntnisse des öffentlichen Baurechts in der Regel nicht vergleichbar. Auch die Errichtung kleiner bzw. konstruktiv einfacher Vorhaben setze ein breites Wissen der baurechtlichen Rahmenbedingungen voraus.
Im Ergebnis werde seitens des TMIL daher eine „Kleine Bauvorlageberechtigung“ für Handwerksmeister abgelehnt. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass nach § 60 Abs. 1 Satz 2 ThürBO bei geringfügigen und technisch einfachen Vorhaben auf eine Bauvorlageberechtigung des Planers verzichtet wird.
Im Rahmen der Beratung der Petition erläuterte das TMIL ergänzend, dass bei der Ausgestaltung der Baugenehmigungsverfahren eine Entwicklung dahingehend stattgefunden habe, dass immer mehr Aspekte nicht geprüft würden. Bei Gebäuden bis Bauordnungsklasse 3 werde das Bauordnungsrecht nicht mehr geprüft. Es würden lediglich das Bauplanungsrecht und das aufgedrängte Fachrecht geprüft. Vor diesem Hintergrund der zunehmenden Prüfbefreiung werde es seitens der Landesregierung nicht als sinnvoll bewertet, den Kreis der bauberechtigten Personen zu erweitern.
Im Ergebnis der Beratung hat der Petitionsausschuss festgestellt, dass die mit der Petition vorgetragene Anregung bereits seit längerem im Zusammenhang mit den Fortschreibungen der ThürBO im Rahmen der jeweiligen Gesetzgebungsverfahren geprüft und bewertet und bisher letztlich mit nachvollziehbaren Argumenten abgelehnt wurde. Gleichwohl hat der Petitionsausschuss abschließend beschlossen, die Petition den Fraktionen und der Parlamentarischen Gruppe des Landtags zur Kenntnis zu geben, so dass gegebenenfalls auf diesem Wege der Vorschlag erneut in die parlamentarische Debatte einfließen kann.