Das BVerfG hat in seinem Beschluss vorn 27. September 2022, Az: 1 BvR 2661/21 zu § 10 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Waldgesetzes 1 (ThürWaldG) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Waldgesetzes vom 21. Dezember 2020 (GVBI <TH> S. 665) klargestellt, dass der Landesgesetzgeber die Regelungen des § 35 BauGB nicht pauschal mit einer landesrechtlichen Norm durchbrechen kann. Gleichzeitig hat das BVerfG jedoch die in § 9 ThürWaldG eröffnete Einzelfallprüfung hervorgehoben. So hat das Gericht ausgeführt: "Gegen die Annahme, die Regelung ziele objektiv darauf, spezifische Naturschutz- und Landschaftspflegebedarfe zu erfüllen, spricht, dass es ihr wegen des pauschalen Ausschlusses von Windkraftanlagen im Wald — anders als etwa nach § 9 ThürWaldG — auf die Eigenarten oder die Lage des jeweils genutzten Waldes und seine spezifische Schutzwürdigkeit nicht ankommt. Selbst eine besonders geringe Schutzwürdigkeit bleibt unberücksichtigt." (BVerfG 1 BvR 2661/21, RN 65).
Weiter führt es aus:
"§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB normiert die bauplanungsrechtliche Privilegierung der Windenergie im Außenbereich. Vorhaben zur Windenergienutzung sind danach insofern gegenüber anderen Vorhaben bevorzugt, als sie auch dann zulässig sind, wenn sie öffentliche Belange „beeinträchtigen". Erst wenn öffentliche Belange „entgegenstehen", begründet das die Unzulässigkeit (vgl. § 35 Abs. 1 BauGB). Dies erleichtert die Zulassung einer Windenergieanlage im Außenbereich erheblich. Da Windenergieanlagen öffentliche Belange in aller Regel beeinträchtigen, könnten sie als nicht privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB kaum zugelassen werden. Wegen § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB sind sie hingegen grundsätzlich zulässig. Nur wenn
insgesamt wichtigere öffentliche Belange entgegenstehen, sind sie danach unzulässig." (BVerfG 1 BvR 2661/21, RN 73).
Mit einer Rechtsverordnung i.S.d. § 9 Abs. 4 ThürWaldG kann der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Voraussetzungen zur Ausweisung von Wald/Waldgebieten als "Schutzwald" oder "Erholungswald" regeln. Zugleich eröffnet er die verfassungsrechtlich gebotene Einzelfallprüfung in dem die notwendig zu Beteiligten sowie deren Mitwirkungsrechte geregelt werden. Zugleich kann im Rahmen dieser Rechtsverordnung die Verkürzung der Beteilungsrechte bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Wald wie es durch §§ 35, 249 BauG und das WindBG normiert ist, wieder auf das verfassungsrechtliche Maß beschränkt werden. Ebenfalls ist es durch die Verordnung möglich den mit § 10 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Waldgesetzes 1 (ThürWaldG) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Waldgesetzes vom 21. Dezember 2020 eigentlich zu normierenden Schutzgedanken gegen Windkraftanlagen im Wald zumindest im Rahmen der Einzelfallprüfung wieder aufleben zu lassen und somit einen Ausgleich zwischen Befürwortern der Windenergie im Wald und denjenigen, die den Wald in seiner herkömmlichen Funktion (§ 2 ThürWaldG) nutzen, zu schaffen.