Unter Einbeziehung einer Stellungnahme des in die Bearbeitung der Petition einbezogenen Staatskanzlei stellte der Petitionsausschuss im Egebnis der Beratung Folgendes fest:
In Thüringen ist der Kirchenaustritt gemäß § 13 Abs. 2 Thüringer Kirchensteuergesetz gegenüber dem Standesamt zu erklären. Eine ausdrückliche Regelung für wohnsitzlose oder im Ausland lebende Personen ist dort nicht enthalten.
Die Möglichkeit zum Austritt aus einer Religionsgemeinschaft folgt aus der negativen Religionsfreiheit des Art. 39 Abs. 1 und 2 Thüringer Verfassung. Diese schützt das Interesse des Einzelnen, einer Religionsgemeinschaft fernzubleiben und sich jederzeit durch Austritt von der kirchlichen Mitgliedschaft mit Wirkung für das staatliche Recht zurückziehen zu können.
Wegen des verfassungsrechtlich verankerten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts beschränkt sich der staatlich geregelte Kirchenaustritt auf den staatlichen Bereich. Gemäß Art. 40 Thüringer Verfassung i.V.m. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung verwalten und ordnen die Religionsgemeinschaften ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Die Mitgliedschaft sowie deren Bedingungen sind solche eigenen Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften, die diese selbständig regeln können. Aus dem zu gewährleistenden kirchlichen Selbstbestimmungsrecht sowie dem Gebot der staatlichen Neutralität aus Art. 39 und 20 ThürVerf i.V.m. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung folgt, dass der Staat nicht bestimmen darf, wer einer Kirche angehört.
In Thüringen gelten für den Austritt aus einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft die Regelungen des Thüringer Gesetzes zur Regelung des Kirchensteuerwesens (Thüringer Kirchensteuergesetz – ThürKiStG) sowie die Thüringer Verordnung zur Regelung des Verfahrens beim Austritt aus einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft (ThürReWeAusDVO).
Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 ThürKiStG kann den Austritt aus einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaft erklären, wer das 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschäftsunfähig ist. Nach Abs. 2 ist der Austritt mit Wirkung für den staatlichen Bereich gegenüber dem Standesamt zu erklären. Satz 2 bestimmt dabei die Zuständigkeit des Standesamtes, in dessen Bezirk der Erklärende seinen Wohnsitz, bei mehreren Wohnsitzen seinen Hauptwohnsitz, beim Fehlen eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Eine explizite Regelung für den Kirchenaustritt von im Ausland lebenden Deutschen existiert in Thüringen nicht. Der Landesregierung ist bislang kein solcher Fall bekannt. Sofern ein solcher auftreten sollte, ist es denkbar, eine formlose Erklärung über die zuständige konsularische Vertretung beglaubigen zu lassen und im Anschluss vom Austrittswilligen an das Standesamt zu leiten, wo sich der letzte Wohnsitz befunden hat. Die Landesregierung wird die Petition zum Anlass nehmen, zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit eine rechtliche Regelung für derartige Fälle zu schaffen ist.
Der Petitionsausschuss erklärte die Petition mit diesen Informationen für erledigt.