Mehr Freiheit für alle Behinderten Menschen

Abgeschlossen
6 Mitzeichnungen
  • Anderes, Familien, Finanzen & öffentliche Abgaben, Kommunales, Mobilität, Umwelt & Naturschutz
  • Keine Region
  • eingereicht von Ronny und Daniel Würfel
    aus 04539 Großstolpen
  • veröffentlicht am 15.04.2024
  • 29.08.2024
    Statusänderung zu Abgeschlossen
  • 29.08.2024
    Abschlussbericht

    Im Rahmen des Petitionsverfahrens wurde die Thüringer Landesregierung beteiligt und um eine Stellungnahme gebeten. Die folgenden Ausführungen des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF) hat der Petitionsausschuss in seine Beratungen zur Petition einbezogen.

    „Alle Menschen haben das Recht auf Teilhabe am öffentlichen Leben und an der Gesellschaft. Aufgrund von geringer bis gar keiner Barrierefreiheit besteht die Gefahr, bestimmte Personen­gruppen vom öffentlichen Leben und der Gesellschaft auszuschließen. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 im Grundgesetz (GG) besagt jedoch, ‚Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.‘ Das Grundgesetz gilt für das gesamte deutsche Volk und steht über allen anderen Rechtsnormen. In Art. 2 Abs. 4 der Thüringer Verfassung (Verf TH) findet sich folgende Formu­lierung: ‚Menschen mit Behinderungen stehen unter dem besonderen Schutz des Freistaats. Das Land und seine Gebietskörperschaften fördern ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gesellschaft.‘

    Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), als von Deutschland ratifiziertes völkerrechtli­ches Übereinkommen, regelt den Begriff der Barrierefreiheit klar und deutlich. Barrierefreiheit bedeutet nach Art. 9 UN-BRK, dass ‚(…) für Menschen mit Behinderungen den gleichbe­rechtigten Zugang (…) zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, (…) sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit (…) offenstehen (…).‘ Die Schaffung der Barrierefreiheit gilt für Gebäude, Straßen, Transportmittel und öffentliche Gebäude und Einrichtungen. Auch Art. 9 der UN-BRK sieht ‚(…) für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen (…)‘ vor. Die Mitgliedsstaaten sind zur Umsetzung der UN-BRK verpflichtet.

    Dabei stellt die UN-BRK kein Sonderrecht dar, sondern konkretisiert die Menschenrechte aus Perspektive von Menschen mit Behinderung vor dem Hintergrund ihrer Lebenslagen.

    Nach Einschätzung des TMASGFF ist eine umfassende Barrierefreiheit aller Einrichtungen und Dienste der wesentliche Schlüssel, um eine umfassende Teilhabe von Menschen mit Behinde­rungen am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

    Im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Lebens- und Teilhabesituation von Menschen mit Behinderungen wird in Federführung des TMASGFF u.a. der Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-BRK erstellt und dessen Realisierung dauerhaft begleitet. Es ist geplant, ab Jahresende 2024 in die Entwicklung der Version 3.0 des Maßnahmenplanes einzutreten. In diesem partizipativen Prozess unter breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft können solche und ähnliche Problemstellungen eingebracht und in den thematisch gegliederten Arbeitsgruppen gemeinsam mit der Verwaltung besprochen werden. Die Zivilgesellschaft ist herzlich zur Beteiligung eingeladen. Ganz im Sinne des Grundge­dankens der Inklusion werden die einzelnen Arbeitsgruppen durch Personen aus den jeweils fachlich verantwortlichen Ressorts der Landesregierung geleitet (z.B. die Arbeitsgruppe 3 ‚Bauen, Wohnen, Mobilität‘ durch eine Vertretung aus dem TMIL). Weitere Informationen zum Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-BRK sind zu finden unter

    https://www.tmasgff.de/soziales/menschen-mit-behinderungen/massnahmenplan-downloads.

    Im Rahmen der erfolgten Beteiligung des TMIL ist bezüglich der in der Petition vorgebrachten Anliegen folgende Rückmeldung ergangen:

    Die Petition setzt sich für eine Verbesserung der Barrierefreiheit für mobilitätseingeschränkte Perso­nen ein und fordert vom Thüringer Infrastrukturministerium ein diesbezügliches Gesetz.

    Laut Thüringer Landesverfassung liegt die gesetzgeberische Kompetenz beim Parlament, dem Thüringer Landtag. Der Forderung an das Thüringer Infrastrukturministerium, ein Gesetz zur Barrierefreiheit auf Bahnhöfen herauszubringen, kann und darf das TMIL also nicht nach­kommen.

    Die Aktivitäten zur Herstellung der Barrierefreiheit auf Bahnhöfen und im Busverkehr wurden wie folgt vom TMIL dargestellt:

    Für die Thematik mangelt es nicht an gesetzlichen Regelungen. Stellvertretend seien die UN-Behindertenrechtskonvention, das Behindertengleichstellungsgesetz sowie das Barrierefrei­heits­stärkungsgesetz, das Allgemeine Eisenbahngesetz (§ 10a) sowie die Eisenbahn-Bau- und Be­triebs­ordnung (§ 2) erwähnt.

    Für Thüringen sind von besonderer Bedeutung das Thüringer Inklusionsgesetz (hier insbe­sondere § 5 und § 10), das Personenbeförderungsgesetz (§ 8 Abs. 3) und das Thüringer Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr (§ 2). Auch bei den diversen Ausschreibungen zu den Nahverkehrsplänen sind Aspekte der Barrierefreiheit grundlegende Bestandteile.

    In Bezug auf die angesprochenen Bahnhöfe sind die jeweiligen Besitzer und Betreiber in Abstimmung mit den Kommunen und Gemeinden verantwortlich, entsprechende Maßnahmen zur Barrierefreiheit zu ergreifen und tun dies bereits seit längerem.

    So veröffentlicht beispielsweise die Deutsche Bahn AG auf der Grundlage von § 2 Abs. 3 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung seit 2005 regelmäßig Programme zur Barrierefreiheit. Darin wird für einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren beschrieben, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit im Unternehmen geplant sind.

    Das aktuelle sowie alle bisher veröffentlichten Programme sind auf der Internetseite der Deutschen Bahn AG abrufbar.

    Um diese Maßnahmen insbesondere an Verkehrsstationen mit weniger Verkehr zu ergänzen und die Verantwortlichen zu unterstützen, wurde seitens des TMIL ein Finanzierungsvertrag ‚Zielnetz Thüringen 2023 bis 2031 – Bahnhofsmodernisierungsprogramm‘ mit der DB Station und Service AG (nunmehr DB InfraGO) über annähernd 75 Mio. Euro geschlossen.

    In Bezug auf die Gewährung der Barrierefreiheit bei Bussen (und Straßenbahnen) muss darauf verwiesen werden, dass das Personenbeförderungsgesetz seit 2013 die Formulierung enthält, dass für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine voll­ständige Barrierefreiheit zu erreichen‘ ist. Verantwortlich für die Umsetzung sind im Wesentlichen die kreisfreien Städte und Landkreise als ÖPNV-Aufgabenträger. Allerdings handelt es sich genau genommen nur um eine ‚Planungsverpflichtung‘, wonach die Aufgabenträger das Ziel der Barrierefreiheit im ÖPNV in ihren Nahverkehrsplänen, die für fünf Jahre aufzustellen sind, berücksichtigen. Zudem sind meistens die Gemeinden und nicht die Aufgabenträger Baulast­träger für Haltestellen und diese würden durch den Nahverkehrsplan nicht gebunden.

    Der wichtigste Grund, warum das Ziel der vollständigen Barrierefreiheit im ÖPNV noch nicht erreicht ist, ist, dass den Kommunen und Verkehrsunternehmen das Geld für den Umbau von Haltestellen und die Anschaffung von neuen Fahrzeugen fehlt. Hinzu kommt, dass die finanzielle Förderung von Bund und Ländern für den barrierefreien Ausbau des ÖPNV begrenzt ist. Daher müssen die Kommunen Prioritäten setzen. Bevorzugt barrierefrei ausgebaut werden die stark frequentierten Haltestellen und Verkehrsknotenpunkte. Haltestellen, an denen nur wenige Menschen ein- und aussteigen, kommen dagegen erst später an die Reihe.

    Bei den meisten Straßenbahnen und Stadtbussen ist der barrierefreie Einstieg inzwischen gewährleistet. Mehr Modernisierungsbedarf gibt es jedoch bei den Busflotten im ländlichen Raum. Die Verkehrsunternehmen schaffen im Regelfall neue barrierefreie Fahrzeuge erst dann an, wenn der Abschreibungszeitraum endet, d.h., frühestens nach 8 – 10 Jahren. Im Thüringer Schienenpersonennahverkehr werden über 85 % der Leistungen mit Triebwagen mit Nieder­flureinstieg erbracht. Die noch verbleibenden Fahrzeuge mit Hochflureinstieg, insbeson­dere die der Baureihe 612 werden mit der Neuvergabe der Leistungen ab Dezember 2028 jedoch durch moderne Elektrotriebwagen ersetzt, so dass ab dann alle Leistungen mit barrierefreiem Zustieg in die Fahrzeuge erbracht werden. Bis dahin kommen noch Hublifte als Ein- und Ausstiegshilfe für mobilitätseingeschränkte Reisende zum Einsatz.

    Der Einsatz von barrierefreien Fahrzeugen setzt allerdings immer voraus, dass die passende Infrastruktur vorhanden ist. Wenn beispielsweise der Bus an einer Haltestelle, die noch nicht modernisiert wurde, hält und die Rampe nicht ausgeklappt werden kann, kann es passieren, dass auch Niederflurbusse keinen barrierefreien Ein- und Ausstieg bieten können. Probleme kann es auch geben, wenn die Zuwegung zur Haltestelle nicht barrierefrei ist.

    Bei sogenannten On-Demand-Verkehren, bei denen aus wirtschaftlichen und Kapazitätsgrün­den kleine Fahrzeuge eingesetzt werden, besteht eine Schwierigkeit darin, dass viele kleine Fahr­zeugmodelle keine vollständige Barrierefreiheit bieten bzw. die Betreiber (z.B. Taxiunternehmen als Subunternehmer) bisher keine entsprechenden Fahrzeuge vorhalten.

    Im Ergebnis der Beratung stellte der Petitionsausschuss fest, dass das Ziel der Herstellung der vollständigen Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr von den zuständigen Auf­gaben­trägern, Kommunen und Verkehrsunternehmen konsequent verfolgt wird. Allerdings kann das Ziel insbesondere aufgrund des hohen Investitionsbedarfs, der stetig steigenden Marktpreise und der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Fördermittel nur schrittweise erreicht werden.

    Der Petitionsausschuss hat die Petition gemäß § 17 Nr. 2 b) Thüringer Petitionsgesetz mit den vorgenannten Informationen, die durch die Landesregierung gegeben wurden, abgeschlossen.

     

  • 05.06.2024
    Zwischenbericht

    Die Petition ist am 15. April 2024 auf der Petitionsplattform des Thüringer Landtags veröffentlicht worden. In dem sechswöchigen Mitzeichnungszeitraum wurde die Petition von 6 Mitzeichnern unterstützt.

    Das für die öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss erforderliche Quorum von 1.500 Mitzeichnungen wurde somit nicht erreicht.

    Der Petitionsausschuss wird die Petition in einer seiner nächsten Sitzungen inhaltlich beraten.

  • 28.05.2024
    Statusänderung zu In Beratung