Verbesserung der Situation von Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung im Krankenhaus

Abgeschlossen
64 Mitzeichnungen
  • Anderes
  • Gesamtthüringen
  • eingereicht von Claudia Müller
    aus 07745 Jena
  • veröffentlicht am 01.03.2021

Welches Ziel hat die Petition?

Mit unseren Forderungen wollen wir erreichen, dass bei Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung keine Versorgungsmängel auftreten, Diagnosen gestellt und Therapien durchgeführt werden können. Die Verbesserung ihrer Krankenhausversorgung ist eine zwingende Folge der Umsetzung der UN-BRK. Die Gruppe der Patienten mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung wird perspektivisch noch stärker in den Krankenhäusern vertreten sein, da ihr Altersdurchschnitt zunimmt und damit eine höhere Morbidität verbunden ist. Die Krankenhäuser müssen sich auf diese Patientengruppe einstellen! Wir bitten die Abgeordneten des Thüringer Landtages unsere Forderungen zu unterstützen und Gespräche mit den entsprechenden Stellen (mit Vertretern der Krankenkassen, der Krankenhäuser und der Eingliederungshilfe) zu führen!

Welche Entscheidung wird beanstandet?

nein

Welche Behörde hat die Entscheidung getroffen?

-

Wie wird die Petition begründet?

Für Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung ist ein Krankenhausaufenthalt eine große Herausforderung. Die fremde Umgebung, das ihnen unbekannte Krankenhauspersonal, Injektionen und Operationen verängstigen sie. Manche wehren sich, da sie die Behandlungen als Bedrohungen wahrnehmen. Darüber hinaus sind ihre Kommunikationsmöglichkeiten oftmals eingeschränkt, sodass sie ihre Symptome, Bedürfnisse und Wünsche nicht ausreichend zum Ausdruck bringen können. Folglich gestalten sich pflegerische, diagnostische und therapeutische Prozesse schwieriger, zum Teil können sie nicht im ausreichenden Maße durchgeführt werden. Mit der Unterzeichnung der UN-BRK (hier: Artikel 25) hat sich Deutschland verpflichtet die Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard wie für Menschen ohne Behinderungen zur Verfügung zu stellen. Diese ist bis heute noch nicht umgesetzt worden! Menschen mit Behinderungen, ihre Eltern und Angehörigen beklagen die Situation während des Krankenhausaufenthaltes. Sie erleben diese Zeit als angstbesetzt und zum Teil auch als traumatisierend. Der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung - Landesverband Thüringen e.V. vertritt die Ansicht, dass eine Verbesserung der Situation nur möglich ist, wenn der Patient mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung durch eine ihm vertraute Person begleitet wird, wenn das medizinische Personal die Bedürfnisse und Belange von diesen Patienten kennt und wenn das Krankenhaus ein spezielles Aufnahme-, Fall- und Entlassmanagement hat. In seiner Funktion als Selbsthilfe-, Eltern- und Fachverband setzt sich die Lebenshilfe Thüringen für die Belange von Menschen mit Behinderungen sowie deren Eltern und Angehörige ein. Wir bitten die Abgeordneten des Thüringer Landtages sich für unsere folgenden Forderungen einzusetzen und dadurch die Situation von Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung im Krankenhaus zu verbessern. 1. Finanzierung der Assistenz von Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus 2. Schulung und Sensibilisierung der Krankenhausbeschäftigten 3. Verbesserung des Aufnahme- und Entlassmanagements; Implementierung eines Fallmanagements Forderungen: 1. Finanzierung der Assistenz von Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus: Für Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung stellt der Krankenhausaufenthalt eine mit Ängsten und Verunsicherungen verbundene Situation dar. Selbst wenn sie im normalen Alltag gut zurechtkommen, kann der stationäre Aufenthalt eine Überforderung für sie darstellen. Auf die ungewohnte Umgebung, auf das ihnen unbekannte Personal, auf den völlig anderen Tagesablauf reagieren sie mit Erregung, Rückzug, Unsicherheit oder Verweigerung. Eine ihnen vertraute Assistenzperson vermittelt Sicherheit und vermindert Stress und Ängste. Darüber hinaus kann die Assistenz sie bei krankenhausrelevanten Alltagsanforderungen und der Grundpflege unterstützen und zwischen den Nahtstellen "übersetzen". Sofern die medizinische Notwendigkeit gegeben ist, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf die Mitnahme einer Begleitperson (§ 11 Abs. 3 SGB V). Auch im SGB IX ist der Anspruch der Assistenzleistungen verankert (§ 78 und § 113). Allerdings gibt es keinen Anspruch auf die Finanzierung dieser Leistung! Wir fordern, dass: - die Assistenz im Krankenhaus als Eingliederungshilfe-Leistung eindeutig klargestellt und in den Landesrahmenvertrag gemäß § 131 Abs. 1 SGB IX aufgenommen wird und - die Kostenzuständigkeiten für Personalausfallkosten für begleitende Mitarbeitende der Eingliederungshilfe sowie ein Lohnkostenersatz für begleitende Eltern und Angehörige verbindlich festgelegt werden. Eine adäquate Krankenhausbetreuung darf nicht von der kostenlosen Betreuung durch Angehörige oder vertraute Mitarbeitende der Eingliederungshilfe abhängig gemacht werden! 2. Schulung und Sensibilisierung der Krankenhausbeschäftigten: Mitarbeitende der Krankenhäuser sind auf die Pflege von Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung nicht vorbereitet und dann häufig überfordert! Sie kennen die Bedürfnisse und Belange von Menschen mit geistiger Behinderung nicht. Diese müssen zwingend sowohl im Rahmen der Ausbildung als auch im Arbeitsalltag vermittelt werden. In dem ab 2020 geltenden Lehrplan der neuen generalistischen Ausbildung zum/zur Pflegefachmann/frau werden diese nicht ausreichend thematisiert! Wir fordern, dass die Bedürfnisse und Belange von Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung in die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe und in den Thüringer Lehrplan für die Ausbildung zum/zur Pflegefachmann/frau aufgenommen werden! Nach § 20 a ThürKHG sind die Thüringer Krankenhäuser verpflichtet ihr Personal in regelmäßigen Abständen hinsichtlich der besonderen Belange und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen bei der medizinischen Behandlung sowie im Rahmen der sonstigen Betreuung zu schulen. Dies muss konsequent umgesetzt werden! Das Krankenhauspersonal muss dieses Wissen vermittelt bekommen, damit es Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung angemessen begegnen kann! 3. Verbesserung des Aufnahme- und Entlassmanagements; Implementierung eines Fallmanagements: Bereits vor einer geplanten stationären Aufnahme von Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung muss Kontakt mit dem Patienten und seinen Eltern/Angehörigen, den gesetzlichen Vertretern bzw. den Mitarbeitenden der besonderen Wohnform aufgenommen werden. Die Kompetenzen, Besonderheiten, Vorerfahrungen, Gewohnheiten und Unterstützungsbedarfe müssen abgeklärt; Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche abgesteckt werden (bei Bewohnern der besonderen Wohnformen). In diesem Zusammenhang bieten sich standardisierte Checklisten und Verfahrensanweisungen an. Während des Krankenhausaufenthaltes ist darauf zu achten, dass für die Kommunikation mit dem Patienten ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Es müssen eine einfache Sprache und bei Bedarf Piktogramme zur Verdeutlichung verwendet werden. Weiterhin sollten wenig Personalwechsel und enge Abstimmungen mit Eltern/Angehörigen, den gesetzlichen Vertretern bzw. den Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe stattfinden. Im Zuge der Entlassung des Patienten muss darauf geachtet werden, dass keine Behandlungslücken entstehen. Die Patienteninformationen müssen zum behandelnden Arzt und auch in die betreuende Einrichtung (bes. Wohnform) weitergeleitet werden. Eine effektive Weiterversorgung muss gewährleistet werden. Es muss sichergestellt werden, dass der Patient die Informationen versteht (einfache Sprache; Zeit für Erklärungen). Zudem sind enge Absprachen mit Angehörigen/Eltern, dem gesetzlichen Vertreter bzw. den Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe unabdingbar. 2016 hat die Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen einen Leitfaden für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus gemäß § 20a Abs. 3 veröffentlicht. Dieser wurde mit Vertretern des Landesbehindertenbeirates und unter Beteiligung des Sozialministeriums erarbeitet und den Thüringer Krankenhäusern als Handlungsempfehlung zur Verfügung gestellt. Die darin enthaltenen Punkte sollten nicht als Empfehlung verstanden, sondern von allen Krankenhäusern in Thüringen umgesetzt werden. Der Gesetzgeber hat mit dem Krankenhausstrukturgesetz ein Instrument neu eingeführt, welches gezielt auf die besonderen Belange von Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung eingehen soll, um ihre stationäre Versorgung zu verbessern: Qualitätsverträge nach § 110a SGB V. Wir fordern, dass die Krankenhausträger Qualitätsverträge mit den Krankenkassen abschließen. In Thüringen wurde bisher noch kein Qualitätsvertrag im Leistungsbereich 'Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderung im Krankenhaus' abgeschlossen!

Richtet sich die Petition auf die Änderung eines Gesetzes? Wie und warum soll das Gesetz geändert werden?

-

Welche Rechtsbehelfe wurden in dieser Sache bereits eingereicht?

keine

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